Bearbeitung von Rennbootpropellern

 

Gescheite Propeller bei Modellbooten sind aus Metall. Kunststofpropeller halten unter Last die Steigung nicht und wenn das ganze sich bei leistungsstarken Booten deutlicher ausprägt, verlieren zuerst die Kunststoffpropeller ihre Blätter, dicht gefolgt von den Alu-Propellern, die gerne fertig 3D gefräst angeboten werden.

Deren Vorteil liegt vor allem in der guten Fräsbarkeit des Werkstoffes Aluminium, damit in einem überschaubaren Preis für einsatzbereite Propeller. Weil Alu sehr leicht ist und fräsen ziemlich präzise, braucht man diese Propeller üblicherweise auch nicht zu wuchten, dazu haben sie eine schöne Metalloptik. Viele Modellbauer sind damit glücklich.

Wer wie ich gerne Antriebe etwas knackiger auslegt, dessen Freude wird sich in Grenzen halten und früher oder später sehen die Propeller, die der Postbote bringt, so aus:

Gussrohlinge - nicht direkt einsatzbereit.

An diesem Punkt ein kurzer Hinweis im Sinne der Arbeitssicherheit. Die Gussrohlinge auf den Bildern hier bestehen aus Stahl, oft bestehen sie aber aus Bronze - ein Sammelbegriff für "irgendwas". Bei Propellern handelt es sich gerne um Beryllium-Bronze und Beryllium ist ein lungengängiges Anreicherungsgift. Was heißt das? Der Körper kann es nicht abbauen und der mir auf Arbeit im Büro gegenübersitzende Physikalische Chemiker reagierte recht unentspannt. Vorsichtig war ich hier schon immer (Atemschutzmaske, Handschuhe, Schutzbrille) aber zum einen halten Stahl-Propeller mechanisch nochmals mehr aus als Bronze-Beryllium-Propeller und zum anderen sind die Legierungen klassischerweise "harmloser" zu bearbeiten. Legierter Stahl mit Chromanteilen ist aber auch nicht komplett harmlos. Schutzbrille, Handschuhe und eine gute Staubmaske sind bei Propellerbearbeitung absolute Pflicht! Die verwendete Legierung ist auch oft im Detail nicht bekannt, also better safe then sorry. Nach Möglichkeit lasse ich die Finger von berylliumhaltigen Propellerrohlingen, auch wenn es die Auswahl auf dem Markt stark einschränkt. Stahl ist bis auf den Arbeitsschutz im Guss und den Anspruch an die mechanische Bearbeitung für den Modellbauer meist harmloser und honoriert die anspruchsvollere Bearbeitung mit hoher Haltbarkeit.

Ich habe inzwischen das Alter erreicht, einige Hobbykollegen kläglich am Krebs eingehen gesehen zu haben - es macht nachdenklich und schränkt die Bereitschaft ein, sich unnötig und gedankenlos alle möglichen Gifte rein zu ziehen. Ob es bei den Hobbykollegen dann an den Kippchen gelegen hat oder an anderen Geschichten, das lässt sich am Ende nie genau klären... aber Schleifstäube sind im Modellbau eine nicht zu unterschätzende gesundheitliche Belastung. (Nicht nur bei Beryllium-Bronze, auch bei Faser-Verbund, ...)

Nach den Worten zum Arbeitsschutz, wo jeder auch für sich bewerten muss, wie genau er das denn nun nehmen will, das "operative" Werkzeug:

Zentrales Werkzeug ist der Dremel mit Polier-/Koruntscheiben und ein kleiner Sandpapierschleifteller. Damit lässt sich fast alles erledigen, ein Set Schlüsselfeilen dazu, bei kleinen Propellern fehlt eh der Zugang für gröberes Werkzeug. Über die Jahre habe ich mir irgendwann mal eine Makita Bandfeile gegönnt, speziell bei großen Propellern beschleunigt sie den Materialabtrag erheblich. Hier sozusagen ein Bild "vom groben Besteck":

Selbst schwer zu bearbeitende Stahlrohlinge mit groben Angüssen kommen damit recht schnell auf ihre eigentliche Kontur:

Tja, Pfusch bei der Homepageerstellung , zwischen den Bildern hat sich der Drehsinn des Propellers geändert. Als ich mit dem ersten Propeller fertig war, fiel mir ein, dass ich kein Bild vom Ausgangszustand hatte, aber es wird ja ein gegenläufiges Paar für einen Katamaran und der zweite Prop war noch unbearbeitet. Ein paar weitere Gussfragmente werden neben den Angüssen auch gleich mit dem groben Besteck beseitigt.

Danach kommen Sandpapierschleifteller bzw. immer noch die Bandfeile auf der Blattrückseite zum Einsatz. Die Blattvorderkanten werden von der Rückseite her geschärft. Am vorderen Blatt im nächsten Bild sieht man die Gusshaut, am hinteren Blatt, wie geschärft wurde. Im zweiten Bild ist mit Edding angezeichnet, wie weit ich bei normal gekauften Gussrohlingen üblicherweise schärfe bzw. die Blattvorderkante ausdünne - bei Stahl etwas ausgeprägter (schwarze Linie), bei Bronze etwas weniger (blaue Linie), eben um die Blattstabilität zu gewährleisten. Bei Propellern mit bereits vom Guss her auffällig dünnen Blättern wird natürlich weniger ausgedünnt, ebenso bei geplant sehr brutalen Antrieben.

Geschärft und damit die Blattkontur ausgedünnt, wird alleine Von der Rückseite her. Die Vorderseite wird bezüglich Blattprofil nicht nenneswert bearbeitet und später nur poliert. Beim Schärfen tut die Bandfeile gute Dienste und erlaubt ein einfaches schärfen mit ausreichend aber kontrolliertem Materialabtrag, bis die Vorderkante des Rohlings anfängt, sich scharf anzufühlen. Hier ist etwas Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt. Das Blatt ausreichend zu schärfen senkt den Strombedarf des Propellers, Richtung Abrisskante genug Material stehen zu lassen und das Blatt nicht zu extrem auszudünnen, erhält seine mechanische Stabilität. So lange die projizierte Fläche und die Vorderseite vom Propellerblatt nicht reduziert werden, bleiben Durchmesser, Steigung und damit erreichbare Geschwindigkeit seitens Propeller unberührt. Stahlpropeller haben einige strukturelle Reserven, speziell wenn es sich um Abgüsse von üblicherweise in Bronze Beryllium gegossenen Propellern handelt. Die Bandfeile hilft also sehr, die Blätter auszudünnen und nicht nur die vorderen 2mm zu schärfen, wie es viele machen.

Die Konturbearbeitung der Blattfläche - also der projizierten Fläche - ist eine eigene Wissenschaft für sich, auf die ich hier nicht detailliert eingehen will. In aller Kürze kann man sich auf die Weise Propeller erzeugen, die nicht am Markt verfügbar sind. Durchmesserreduktion führt zu kleineren Propellern mit mehr Steigung. Durchmesserreduktion verzerrt natürlich die Blattproportionen, ein Propeller wird wenn dann also nicht nur sinngemäß "abgedreht" sondern am kompletten Blatt bearbeitet. Gekürzte Vorblätter sparen Strom bei bei hohen Geschwindigkeiten, reduzieren aber den "Grip" beim Anfahren. Kleine Propeller mit viel Steigung haben ohnehin eine gewisse Anfahrschwäche, am Ende also den richtigen Propeller für das Boot zu erzeugen, ist schon eine gewisse Kunst und die Meinungen gehen beliebig auseinander, welche Bearbeitungsschritte ausgehend von welchem Propellerrohling hinterher zum Optimum führen. Wer hier wirklich einsteigen will, muss ausprobieren und wird auf dem Weg zum Ziel sich auch mal "verschnitzen"...

Zurück zum Weg von einem Gussrohling zu einem fahrbereiten Propeller. Am Ende der groben Arbeit ist es Zeit, den Propeller auf dem Wuchtgerät schon mal grob zu kontrollieren.

Was die Bandfeile in Sekunden an Material abnimmt, braucht mit der Polierscheibe ewig. Ein guter Zustand ist also, wenn der Propeller beim Übergang auf die Feinbearbeitung bereits weitgehend wuchtig ist, speziell wenn auch die Blattkontur angefasst wurde.

Wer öfter mit diesen Polierscheiben arbeitet, hat recht schnell raus, die neuen Scheiben, mit denen man noch in jede Ecke kommt, nicht mittig auf den Flächen zum entfernen der Gusshaut zu "verheizen", wo sich auch die stark verschlissenen Scheiben noch aufbrauchen lassen. Der Verbrauch von diesen Scheiben ist gerade bei größeren Stahlpropellern recht hoch und ab einem gewissen Verschleiß kommt man nicht mehr gut in die Übergänge von Blatt zu Nabe, ... man sieht, ich habe mehrere Durchmesser des gleichen Werkzeuges aufgespannt.

Bei der Politur mache ich bei diesen Metall-/Silikonscheiben, die aber auch noch brauchbar Material abtragen, Schluss. Die Oberfläche bleibt danach leicht gebürstet, der nächste Schritt wäre eine Politur bis zur spiegelnden Oberfläche aber Propeller sind und bleiben bei mir Verschleißteile und diese Politur macht speziell dann viel Arbeit, wenn man wie ich Wert drauf legt, die Schärfe nicht "zu verpfuschen"

Auf diese Weise wird etwa dieser Zustand vom Propeller erreicht, Rohling vs. fahrfertiger Propeller:

Prather 215

61er Stahlpropeller vom "Modellbaupirat"

Das Wuchten selbst ist schwer zu beschreiben, man muss es selbst machen, dann erschließt sich hoffentlich der folgende Tip, damit das Ergebnis richtig gut wird und nicht nur "irgendwie"...

Der Magnetwuchter auf den Bildern ist ein klassisches Chinateil für 15-20?€ aus einem der ganzen Modellbootshops. Diese Machart führen viele Shops, mir gefällt, dass es für alle üblichen Wellendurchmesser einzelne Wellen gibt und keine Lösung mit Spannkonussen, die bei einer unpräzisen Stirnseite der Nabe im Spannbereich direkt schief sitzt. Mein Wuchter dieser Machart hat aber sehr starke Magnete ggf. mit schlechter Oberfläche, damit einiges an Reibung, so dass er recht früh unpräzise wird. Einige Modellbauer schwören auch auf andere Bauformen, wobei das Wuchten vor allem mit Fingerspitzengefühl zu tun hat und weniger mit dem verwendeten Gerät. Ja, durch die Magnetkraft wird Reibung erzeugt, am Ende wird die Aussage des Gerätes unpräzise, ob ein Blatt vom Propeller noch etwas schwerer ist als das andere.

Auf dem Wuchtgerät muss der Propeller in jeder Position stehen bleiben, stößt man ihn an und lässt den Propeller drehen, sollte er in beliebigen Positionen gleichhäufig stehen bleiben. Man merke sich das "gleich häufig". Speziell bei kleinen Propellern mit wenig Masse wird man aber schnell bemerken, dass eine relevante Restunwucht bleibt. Werden diese Propeller auf dem Boot montiert, schwingt sich der Antrieb dann doch noch im Hochlauf auf und/oder dröhnt.

Also zurück auf den Magnetwuchter und gucken, ob man durch zahlreichen Versuch ein Gefühl dafür entwickeln kann, welches Blatt doch noch schwerer ist. Hier wechsel ich auch gerne mal die Bauform vom Wuchter, letztendlich geht es um probieren und ein Bauchgefühl bekommen, anhand von unpräzisen Anzeigegeräten . Das schwerere Blatt dann leicht mit der Polierscheibe bearbeiten und erneut auf dem Boot testen. Wird das Dröhnen und Aufschwingen besser, hat das Gefühl gepasst, sonst in kleinen Schritten weiter probieren.

Dieser Vorgang braucht Fingerspitzengefühl aber am Ende führt er bei mir zu sauber laufenden Propellern.

Das Video zeigt zum einen den frei angebauten Antrieb unabgestützt am Rumpf, der ist als Testobjekt natürlich sehr sensibel. Mit ungewuchteten Propellern würde dieser Aufbau extrem schwingen und das Video zeigt einen sehr sauberen Hochlauf bis ca. 50.000rpm. Mit diesem Setup läuft die kleine Spirit of Gabon bei ca. 40.000rpm unter Last nach GPS reproduzierbare 130km/h und die Lager zeigen eine erfreulich hohe Lebensdauer.

Wer sich diesen ganzen Aufwand anschaut, der staunt dann schon mal über fertige kommerziell erhältliche Propeller:

Ein echtes Bilderbuchbeispiel - gewuchtet, kaum Gussartefakte mehr sichtbar, scharf, haltbarer Stahl, ein auch im Detail durch und durch toller Propeller von doctorprops.

Bei dem einen die Perfektion, beim nächsten Anbieter ein super Sortiment - leider ist bei Propshop die Fertigung abgebrannt und mit einer Wiederaufnahme vom Betrieb hapert es irgendwie.

Man sieht den Unterschied in der Perfektion vom Lieferzustand, angeblich so gewuchtet, dass ein direkter Einsatz möglich sein soll. Wer aber wie ich den Wunsch verspürt nachzuarbeiten, kann auch gleich noch schärfen, wuchten und dabei fast den gleichen Zeitaufwand rein stecken wie bei Gussrohlingen. Mal gucken, ob der Hersteller wieder richtig zum laufen kommt, wegen des breiten Sortiments an Stahlpropellern würde es mich sehr freuen.

 

 

 

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erstellt August '18

© Eike Timm