Baby RSV Raptor

 

Ich baue meine Boote gerne selbst auf aber die "Baby RSV Raptor" ist kein Boot von der großen Stange und manchmal kommen Gebrauchtangebote vorbei, wo man schnell zuschlagen muss

Das Boot war bereits sehr sauber aufgebaut, im weiteren Sinne mit meinen Wunschkomponenten und ergänzend zu anderen Aktivitäten mit einem 6s-Setup, das mir gut in die Karten der ohnehin vorhandenen Akkus gespielt hat. Als ich dieses Bild sah:

... hatte ich auch direkt im Hinterkopf, welche Propeller bald nicht mehr im Sortierkasten liegen würden:

In die angeblich fertig bearbeiteten Propeller habe ich dann aber doch noch einen vollen Abend investiert, bis sie scharf und wirklich gewuchtet waren

Viel ist ansonsten nicht mehr dazu zu sagen. Ich habe mich selten über einen Gebrauchtkauf so uneingeschränkt gefreut. Mich erreichte ein sehr sauber gebautes Boot mit gut funktionierenden Komponenten ohne Propeller. Damit bleiben über die Abstimmung auch ausreichend Herausforderungen, als dass es Spaß macht und ich mich hinterher auch im Boot wieder finde. Obiges Bild zeigt den einfach übernommenen Drehsinn der Propeller - zur Komplettierung mussten Propeller, Akkus und Empfänger eingebaut werden. Die erste Testfahrt mit Datenlogger auf einem "ungeeignet kleinen See nahebei" verriet, dass die Motoren, Drehzahlsteller und Propeller sich nicht gegenseitig umbringen würden und dass das Boot kein grundlegendes Problem hat, lange Gas geben konnte ich aber nicht, ausbeschleunigen ließ das Boot sich dort auch nicht:

Vollgasstrom nicht über 150A, das sollten die Flycolor 150A Steller können, laut Forum werden sie von einigen Kollegen ganz anders gefordert. Die Motoren waren etwas warm, die Steller kalt, eine Fahrt zu einem geeigneten See versprach sich zu lohnen und die Propeller, gemessen auf 44mm Durchmesser und 1,6fache Steigung scheinen auch im Rahmen zu sein, auch wenn der Vorbesitzer nur x442 gefahren ist

 

Generell wurde Wort gehalten - auch der Wassereintritt hat sich eingestellt... durch Abdrücken des Kühlkreises hat sich dann aber die Hauptursache gefunden, siehe der dezente Springbrunnen links mit der Akkuhalterung im Hintergrund:

Feinheiten und Kleinigkeiten, und ziemlich schnell geht es zu schönen Bildern:

 

Die zuerst erreichten 98km/h waren stellenweise recht spektakulär:

Nach getauschtem Drehsinn der Propeller von außenschlagend auf innenschlagend und etwas Feintuning von Schwerpunkt, Trimmklappen und Anstellwinkel der Powertrimms wurde das Fahrverhalten schon ziemlich ausgeglichen zwischen Gerade, Kurve, Teillast und Vollgas. Zuvor hat sich das Boot über den Lift der Propeller stabilisiert, flog aber gerne ab, wenn ich zu schnell vom Gas gegangen bin. Mit mehr Stabilisierung über Schwerpunkt und Trimmklappen, dafür weniger über den Anstellwinkel der Trimms hat sich dies gelegt und der Topspeed hat sich bei ü100km/h stabilisiert:

103km/h nach überschaubar wenigen Anläufen mit wahrscheinlich 4518er Propellern von PropShop (4416 gibt es nach Liste nicht), lassen sich kombiniert mit dem schönen Fahrbild gut sehen. Jetzt warte ich auf eine Lieferung aus China - die Programmierkarte für die Flycolor Drehzahlsteller. So sieht eine ungewollte Abregelung aus:

So der Stand Oktober 2018, nach etwa einem Monat mit dem Boot.

Damit es dann auch besser ums Eck geht, kamen dann noch Turnfinnen ans Boot.

Mit 50mm Turnfinnen noch kein wirklicher Kurvenräuber aber bereits angenehm zu fahren.

Mit 75mm Turnfinnen hat sich das Fahrverhalten erneut deutlich verbessert und mit neuen Propellern von Doctor Props hat sich die Geschwindigkeit bei stabilen 110km/h eingestellt, hier ein GPS-Bestwert von 111km/h vom Juni 2020.

DrProps liefert schon Top Propeller!

Schön und schnell, wobei die Steigerung von 111 auf 115km/h als neuem GPS Maximalwert auf gleichen Propellern aber mal anständig geheizten Akkus beruht. Interessanterweise war das aber der letzte Lauf mit den alten Lagern der Motoren. Die original Lager waren nach 1 1/2 Saisons wirklich fertig. So weit der Stand September 2020.

Der Lagerwechsel lässt sich am besten per Video vermitteln, da man vor allem hört, dass er fällg ist. Spürbar war das Spiel in den Lagern aber auch schon.

Einen neuen Innenausbau gab es gleich noch mit dazu. Kaum waren die Motoren neu gelagert, löste sich der Motorspant mit beiden Motoren UND Drehmomentstützen. Die Verklebungen mit Microbal-Mumpe hatte es zerrüttet. Auch wenn der Rumpf sehr hart laminiert ist, bei den Abflügen arbeitet das ganze und die Verklebungen zum Carbonspant erzeugt einen Steifigkeitssprung. Was ein mal mit Harz geklebt wurde, klebt man wieder mit Harz. Ausschleifen, großflächig extra Carbon einlegen bis unter das Deck zum zusätzlichen aussteifen vom Rumpf, unter der Deckschicht befinden sich 2 weitere abgestufte Lagen im Bereich vom Spant.

Motorspant und Drehmomentstützen wurden auf die noch aushärtenden Lagen punktuell mit 5min Epoxy geklebt, dann die Motoren wieder demontiert für freien Zugang. Zum ausrichten kamen Drehteile in die Wellen. Hier sieht man auch die Messingaufsätze auf den Stevenrohren. Die Stevenrohre hatten sich einseitig wie eine Trompete aufgebogen, als der Motorspant sich gelöst hat. Diese Drehteile waren schneller gedreht als neue Stevenrohre eingeklebt UND sie ermöglichen eine Verjüngung, um die Teflonrohre mit etwa 2/10 für eine bessere Abdichtung zu klemmen. Reichlich Kohlerovings in die Ecken zum Spant, etwas Gewebe noch für die Optik drüber, das ganze weitgehend nass in nass bzw. frisch in "angeliert aber noch nicht ausgehärtet" für optimale Verklebung. Lokal ist das jetzt viel Material aber wer weiß, welche Ermüdung der Rumpf im Bereich der Spannungsspitzen von der Spantverklebung erfahren hat, so ist es egal und es reduziert den Steifigkeitssprung zum Motorspant. Die großflächige Verstärkung alleine würde bei manchen Herstellern nicht als Materialstärke im Rumpf verwendet werden. So kann ich mit dem Boot weiter bolzen, ohne mir Sorgen machen zu müssen .

Der frische Innenausbau, zwischenzeitlich auch mit schwarzen Kühlmänteln, das Leo-Rot war mir die ganze Zeit ein Dorn im Auge gewesen.

Generell war diese Aktion ein gewisses "Aufwischen von Schwachstellen und Kleinigkeiten". Ein weiterer Dorn im Auge war die lömmelige Lagerung vom China-Ruder. Eine auf Maß gedrehte und im letzten Detail geschliffene Achse hat hier das Spiel aus der Lagerung genommen und sitzt jetzt ziemlich straff. Bilder von der Herstellung und vom Einpassen:

Wenn es an dem langen Hebel nicht mehr wackelt ...

Mit all diesen Nacharbeiten wird so ein gebraucht gekauftes Boot dann irgendwann doch ziemlich "das eigene Boot" . Wenn es mal um eine spontane Runde Rennboot fahren geht, ist das Raptörchen bei mir immer vorne mit dabei.

So weit, so gut... aber woher weiß man über ein Bauchgefühl hinaus, wann man mit der Abstimmung gut fortgeschritten ist und nicht mehr viel zu erwarten hat?

Sicher besteht noch die Chance auf "GPS-Lucky-Shots", die steigern die einmalig gemessene Geschwindigkeit vielleicht nochmal geringfügig für ein lusiges Foto. Man muss ja nur gute neue Akkus haben oder die Akkus stärker aufheizen, einen optimal gelaufenen Messlauf erwischen, optimale GPS-Abtastung, ... Aber wie weit sind die Komponenten ausgereizt? Lohnt sich noch ein Paar größere Propeller? Hier eine kleine Darstellung, was ich messe und wie ich es auswerte/interpretiere. In meinen Bauberichten tauchen ja immer mal wieder Messplots auf, hier möchte ich mal die Struktur dahinter erklären:

Das Diagramm zeigt einen Zusammenschnitt einer Leerlaufmessung und einer Lastmessung. Die Leerlaufmessung dient dazu, die kV des Motors im Leerlauf und unter Last vergleichen zu können, natürlich auch mit der Herstellerangabe, das ist aber technisch gesehen nebensächlich. Die Lastmessung muss auf einer langen, ausbeschleunigten Geraden erfolgen. Auch hier wird die kV berechnet und mit dem Leerlauf verglichen. Die gemessenen 1630rpm/V im Leerlauf treffen die Herstellerangabe von 1600rpm/V sehr gut, die 1335rpm/V unter Last entsprechen 81,9% vom Leerlauf und erfahrungsgemäß sollte man normale Brushlessmotoren nicht per Belastung mehr als 20% "in der Drehzahl drücken". Bei dieser Messung kurz vor Weihnachten 2021 war das Wasser netterweise noch flüssig aber man muss einfach anerkennen, dass die Kühlung optimal war. Dass die Komponenten thermisch recht unauffällig waren, heißt nicht viel, im Sommer war dieses Setup gut fahrbar aber auch ordentlich warm. Das Boot kann man recht gut wie folgt messtechnisch bewerten:

Die 115km/h habe ich mehrfach gemessen, ebenfalls die Lastdrehzahl von ~31200rpm mit nur geringen Abweichungen. Ich ziehe mein Geschwindigkeitsberechnungstool von der gemessenen Lastdrehzahl, der Lastspannung des Akkus und der Geschwindigkeit her auf und gleiche möglichst viele Zwischenschritte ab. Ohne die Abgleiche zwischendrin bliebe offen, ob der Akku einbricht, der Motor an seiner Grenze ist oder das Boot zu nass läuft. Mit dem GPS, was die ganze Fahrt an Bord ist und hinterher den Maximalwert zeigt, ist anzunehmen, dass die Höchstgeschwindigkeit zu Anfang gefahren wird, nicht wenn der Akku schon nennenswert entladen ist, bei einem GPS-Logger hätte man alle Werte zeitlich synchron aber auch deutlich mehr Geld im Risiko. Diese alten Garmin Hand-GPS können etwas Wasser ab und kosten gebraucht nur einen Bruchteil von so einem GPS-Logger, der kein Wasser ab kann. Drei mal dürft Ihr raten, was ich öfter mitfahren lasse .

Eine Lastspannung von 3,9V/Zelle signalisieren, dass der Akku mit der Belastung gut klar kommt, hier wäre also noch Luft. Die Ströme sind in einem Bereich, dass sie für einen Flycolor 150A Steller ok sind, nicht völlig entspannt aber auch nicht kritisch überzogen. Hohe Teillast sollte man mit diesem Setup aber nicht lange fahren, "idiotensicher" ist dieses Belastungsniveau nicht mehr .

Die 81,9% Last-kV signalisieren, dass die Motoren kurz vor der Kotzgrenze sind. Fachlich schöner ausgedrückt wäre, dass die 45mm Propeller mit ordentlich Steigung so viel Drehmoment abfordern, dass die Motoren der Sättigung nahe sind und es nicht schaffen, höher zu drehen. Über 15% Einbruch geht erfahrungsgemäß langsam in die Grenze der Sättigung rein. Größere Propeller bringen irgendwann nicht mehr Geschwindigkeit sondern nur mehr Hitze und früher oder später Komponenten, die dies thermisch nicht oft überleben. Das gilt es aber zu vermeiden und rechtzeitig "gut sein zu lassen" . Das Boot an sich kann man gut deuten über den Schlupf zwischen der Strahlgeschwindigkeit vom Propeller und der Bootsgeschwindigkeit. Die gerechneten 115km/h mit Nachkommastelle in der Tabelle sind gerechnet aus der Strahlgeschwindigkeit und dem "Faktor Boot". Da steckt letztendlich drin, ob das Boot leicht läuft, andererseits aber auch, ob man die Steigung vom Propeller und die Lastdrehzahl korrekt kennt. In der Propellersteigung verbirgt sich eine der größten Fehlerquellen dieser Vorgehensweise!

Ich kenne keinen Anbieter, bei dem die Propeller mehr Steigung haben als angegeben, anders herum gibt es sehr viele Beispiele und die Abweichungen können erheblich sein. Bei DrProps stimmen diese Werte nachgemessenerweise mit dem Soll sehr gut überein. 85,3% sind bei einem gut laufenden, ungestuften Mono aus dem Semiscale-Bereich aller Ehren wert oder Kurzfassung:

Hat man ein Mono grenzwertig instabil abgestimmt, Messerklinge als Ruder, ... ist ein geringerer Schlupf erreichbar, hat man ein satt liegendes Boot, bei dem man bedenkenlos Vollgas durchziehen kann, nur selten wegen der Fahrstabilität vom Gas muss und landet bei einem ungestuften Mono mit Trimmklappen, doppelten TurnFins und dickem "China-Aluruder" mit Kühlwasseraufnahme bei nur knapp 15% Schlupf, dann hat die Abstimmung ein sehr ordentliches Niveau erreicht. Dies bitte auch bedenken in Richtung der Steller. Das in der Messung sichtbare Stromniveau im Bereich der Nennbelastbarkeit vom Steller darf man nur fahren, wenn eine Vollgasmessung schön glatt ausschaut wie im Diagramm und das Boot dabei stabil liegt wie in den Videos. Wenn Vollgas kaum fahrbar sein sollte und bei 80-90% Vollgas "Ende vom Mut" wäre, wäre zu erwarten, dass ein Drehzahlsteller kurz- bis mittelfristig bei einer solchen Belastung in Rauch aufgeht, mit etwas Pech per Elko-Brand mit Folgeschäden an Modell und Akku. Dieses Setup ist allerdings seit inzwischen mehreren Jahren und einigen 100 Fahrten stabil.

Um so schöner, dass das Folgeprojekt aus dem Bereich Semiscale-Mono bereits im Keller liegt. Mit einer Fountain 115 von Manfred Kulz wird dies hoffentlich noch eine Schippe drauf legen

 

 

 

zurück

 

home

 

erstellt Oktober '18

letzte Änderung Dezember '21

© Eike Timm